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Historische Zinswende
Kolumne

Montag, 19. September 2022

In der Eurokrise wurde der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Unterstützung der überschuldeten Euro-Länder auf ein Allzeit-Null gesetzt. Hoch verschuldete Euro-Länder konnten sich in der Niedrigzinsphase konsolidieren und stehen heute deutlich robuster da als vor zehn Jahren. Dementsprechend beruhigt haben die Finanzmärkte in der vergangenen Woche auf die höchste Zinserhöhung in der Geschichte des Euros reagiert.
Mit der Zinserhöhung hat die EZB eine historische Zinswende eingeleitet, um die galoppierende Inflation zu bekämpfen. Die seit der Corona-Pandemie bestehenden Lieferkettenprobleme und die teuren Energieimporte sind hierbei die zwei größten Faktoren. Die Zinserhöhung setzt hier genau richtig an, sodass der Euro stärker und die Importe günstiger werden. Auch wenn höhere Zinsen natürlich höhere Finanzierungskosten für Haushalte und Unternehmen bedeuten, liegen deren große Probleme doch hauptsächlich auf hohen Energiekosten.

Neben der Geldpolitik bedarf es jedoch weiterer politischer Maßnahmen, um die Inflation einzudämmen. Auf bestimmten Märkten müssen Preisobergrenzen gelten, um spekulationsgetriebene Preisschocks im dreistelligen Prozentbereich zukünftig zu verhindern. Auf EU-Ebene wird sie für Gas gefordert, in Deutschland führt die Bundesregierung sie auf den Basisverbrauch von Strom ein. Auf beiden Märkten erlebten wir in den letzten Wochen Auswüchse, die sich ökonomisch nicht mehr erklären lassen. Wenn nicht mehr das reale Angebot, sondern die Angst vor weniger Angebot den Preis beeinflusst, sollte der Staat in den Markt eingreifen. Die Höhe der Preisobergrenze muss gut gewählt sein. Sie muss für den Gasmarkt hoch genug sein, damit die exportierenden Länder sie akzeptieren und Lieferungen nicht einstellen. Sie darf aber auch nicht zu hoch sein, sodass eine entlastende Wirkung eintreten kann. Preisobergrenzen werden nicht für deutlich niedrigere Preise sorgen. Aber sie können die Märkte stabilisieren und für Planungssicherheit für Haushalte und Unternehmen sorgen.

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