Hanauer Anzeiger: "Die Sozialdemokraten wollen Spitzenverdiener mit einer „temporären Krisenabgabe“ stärker zur Kasse bitten. Das steht in einem Leitantrags-Entwurf für den Parteitag der SPD. Was sagen Sie zu dem Vorstoß?"

Die temporäre Krisenabgabe soll gemeinsam mit einer Einkommenssteuer- und Erbschaftssteuerreform dabei helfen, bis zu 95 % der Steuerzahlenden zu entlasten. Das ist ein richtiger Schritt, denn die Lasten der vergangenen Krisen waren bisher sehr ungleich verteilt. Für die etwa 5 Prozent der Bevölkerung, die zu den absoluten Spitzenverdienenden zählen (ca. 250 000 Euro Jahreseinkommen) ist diese Bürde in meinen Augen zu verkraften. Dafür werden die Freibeträge für die restlichen 95% erhöht.

Mit Blick auf die ungleiche Erbschafts- und Vermögensverteilung in Deutschland ist eine Steuerreform ohnehin dringend notwendig. Durch die bisherigen Ausnahmen beim Betriebsvermögen zahlen viele Bürger auf vergleichsweise kleine Erbschaften einen höheren Steuersatz als Erben von hohen Vermögen, die oftmals in Unternehmen gebunden sind.

Wichtig ist für mich zu betonen, dass mit diesem zusätzlichen Steuergeld keine weiteren Sozialprogramme oder Wahlversprechen finanziert werden. Die Einnahmen aus der Krisenabgabe sind für Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Digitalisierung und den klimaneutralen Umbau unserer Wirtschaft vorgesehen. Hier wurde in den vergangenen Jahren zu wenig investiert. Allein bis 2030 braucht es jährlich gut 100 Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen. Mit dem Leitantrags-Entwurf macht die SPD einen konkreten Finanzierungsvorschlag, wie sie diesen Weg beschreiten will.

Entgegen der Kritik aus der Opposition soll diese Abgabe eben nicht den ohnehin schon belasteten Mittelstand überfordern. Es ist zumutbar, dass sich Multimillionäre und Milliardäre durch eine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer stärker beteiligen, damit breite Bevölkerungsschichten steuerlich entlastet werden und der Staat die öffentlichen Investitionen deutlich erhöhen kann.