Politik sollte sich nicht in Tarifkonflikte einmischen
Kolumne
Freitag, 2. Februar 2024
Die Häufigkeit, in der die Deutsche Bahn in den letzten Monaten bestreikt wurde, haben Fahrgäste bereits mit reichlich Zeit, Nerven und Geld bezahlen müssen. Bei der Vielzahl an Ausfällen kann es nicht sein, dass in diesen Krisenzeiten dieser Streik noch immer zum Großteil auf den Schultern der Fahrgäste ausgetragen wird.
Verantwortung dafür trägt die Politik der 90er Jahre, die die Bahn trotz der hohen nationalen Relevanz privatisiert hat. Das hat dazu geführt, dass wichtige Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge unter Arbeitskämpfen leiden. Angesichts der hohen Unpünktlichkeit wirken die aktuellen Bonuszahlungen an die Bahn-Vorstände wie Hohn für die Lokführer und Zugbegleiter, die den Zorn der Fahrgäste oftmals abkriegen.
Die Forderungen der Gewerkschaften nach höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen unterstütze ich daher. Inflationsbedingt mussten viele Arbeitnehmer in der Vergangenheit Reallohnverluste hinnehmen.
Das Streikrecht ist ein hohes Gut. Es erfordert aber Verantwortung von beiden Tarifparteien. Dieses Bewusstsein habe ich sowohl bei der Bahn als auch bei Claus Weselsky zuletzt sehr vermisst.
Ich vertrete den Standpunkt, dass sich die Politik möglichst nicht in einen Tarifstreit einzumischen hat. Diese Tarifautonomie führt dazu, dass in Deutschland vergleichsweise wenig gestreikt wird. Eingreifen sollte die Politik nur, wenn Arbeitskämpfe zu gewalttätigen Ausschreitungen führen, wie es in einigen Nachbarländern leider regelmäßig der Fall ist. Die Politik muss faire und konstruktive Rahmenbedingungen schaffen, damit Tarifstreiks möglich bleiben. Diese müssen aber auch zeitnah in Schlichtungsverfahren münden, um die Leidtragenden, die auf die Bahn angewiesen sind, nicht allein am Bahnsteig stehenzulassen.