Soll Schwarzfahren Straftat bleiben?
Kolumne
Montag, 26. Juni 2023
Statt wie eine Ordnungswidrigkeit wird das Fahren ohne Fahrschein in Deutschland wie eine Straftat behandelt, da es mit einem Diebstahl gleichgesetzt wird. Eine in der gesellschaftlichen Wahrnehmung als Bagatelle bezeichnete Straftat, die oftmals nur einen Schaden von wenigen Euro verursacht, kann in Deutschland damit zu einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr führen. Etwa 7700 Menschen verbüßen jährlich deshalb eine Haftstrafe.
Welche Folgen das für Justiz und Strafvollzugsanstalten ebenso für die persönliche Perspektive der Betroffenen hat, steht in keinem Verhältnis zu der erschlichenen Leistung, bei der es oftmals um Kleinstbeträge geht.
Mit einer Entkriminalisierung soll für unwillige Zahler kein Vorteil, sondern für unfähige Zahler kein Nachteil entstehen. Es muss einen solidarischen und ressourcenschonenden Weg geben, individuelle Existenzen zu schützen und die Justiz nachhaltig zu entlasten. Denn in den meisten Fällen sind die Betroffenen obdach- und oder mittellos. In vielen Fällen kommen sogar Suchterkrankungen dazu.
Diesen Menschen eine Freiheitsstrafe wegen unbezahlter Fahrscheine aufzubrummen, führt sie oftmals in einen Teufelskreis, aus dem die Wenigsten nach abgesessener Haftstrafe wieder herauskommen.
Für mich stellt das Fahren ohne Fahrschein keine Straftat, sondern ähnlich wie das Parken ohne Parkschein eine Ordnungswidrigkeit dar, die auf keinen Fall eine Freiheitsstrafe zur Folge haben sollte. Deshalb spreche ich mich klar für eine Entkriminalisierung des Schwarzfahrens aus, um ein klares Gerechtigkeitsdefizit in diesem Land zu bekämpfen.